Monatsarchiv: November 2014

Gelesen

Ich habe es endlich mal wieder geschafft, ein Buch zu lesen. Eine Kurzgeschichtensammlung von Georgette Heyer: Pistols for two.

Und ich habe dabei herausgefunden, warum ich niemals einen Roman fertig bringen werde. Manche Leute sind für die Kurzform geschaffen, andere sind Langstreckenläufer.

Georgette Heyer schreibt wirklich reizende Regency-romances-Romane – aber bei den Kurzgeschichten überhastet sie immer wieder die Eheversprechen (mit denen eine Romanze ja enden muss). Wieviele Männer würden an dem Tag, an dem sie ein Mädel kennen lernen, um dessen Hand anhalten? Eben … 1 in a million, wie man so schon sagt, also derzeit etwa 7000. Ich habe noch von keinem gehört. Und ich bin schon 46 und höre viel.

Trotzdem habe ich mich amüsiert – nur fühlte mich immer wieder um die Pointe betrogen. Es war einfach zu viel Entwicklung in zu wenig Worten.

Was Mrs. Heyer wunderbar konnte, war diverse Szenarien ersinnen – mit aktiven oder auch passiveren Ladies, mit armen Schluckern und reichen Mädels, mit älterem Paar (jenseits von 30), jungen Leuten. Vermisst habe ich einige der herrlichen Nebenfiguren, die ich in den Romane so schätzen gelernt habe. Aber bei Kurzgeschichten ist der Platz dafür nicht da.

Alles in allem – manche Autoren sind Langtextschreiber. Manche sind Textsprinter, die die Kurzgeschichtenstruktur beherrschen und genau wissen, wo sie Tempo aufnehmen müssen und wie ein Grande Finale aufzubauen ist. Ich würde nicht sagen, dass Mrs. Heyers Kurzgeschichten Sprinterfähigkeiten zeigen.

Manche Schreiberlinge, wie ich, machen gelegentlich einen gemütlichen kleinen Spaziergang, völlig ohne Ambitionen. Diese nun können getröstet sein, nicht jeder Autor beherrscht jede Form des Textes. Sonst würden wir alle Shakespearsche Sonette schreiben.

 

It’s raining men

Den Beweis findet ihr HIER. Allerdings solltet Ihr nicht, wie die Weathergirls, den Regen DRAUSSEN suchen …

Und ob man DIESEN Schauer braucht, muss auch jede für sich entscheiden.

Deutsche Ikonen – heute Intoleranz

Ein deutscher (Un-)Wert ist, wenn man denn denen, die sich für so superdeutsch halten, Glauben schenken will, dass wir Deutschen „niemanden und nichts, der/das anders ist, neben uns dulden sollten“ – Intoleranz mit anderen Worten.

Die ARD hat hierzu eine Themenwoche ausgerufen.

Beim NDR kann man sich dazu auch gern einem Selbst-Test stellen.

Und? Euer Ergebnis?

Hier meines, da muss ich mich (noch) nicht für schämen …

Ihre Toleranz ist situationsabhängig.

Es gibt Dinge, die lassen Sie laufen, aber Sie beziehen auch Stellung, wenn Ihnen etwas gegen den Strich geht, und das ist auch gut so. Sie sind nicht zwanghaft liberal, aber auch nicht übertrieben engstirnig. So lernen Sie ständig dazu. Das ist manchmal anstrengend, beweist aber Ihre Offenheit für Neues. Vergessen Sie dabei nicht, auch ruhig mal auf Ihr Bauchgefühl zu hören, wenn sich keine klare rationale Entscheidung anbietet.

Und damit hätte ich nicht gerechnet – ich dachte, so typisch deutsch, wie ich in meinen negativen Eigenschaften bin, dass ich schlechter abschneide. Aber ich weiß nicht, wie nah ich am „Mann, neben Ihrem Ego hat ja keiner mehr Platz“-Ergebnis noch vorbeigeschlittert bin.

Manches Bauchgefühl muss man wirklich hinterfragen, um da nicht reinzuschlittern. Eines meiner größten Probleme ist ein Kleidungsstück. Ja, Ihr ahnt es – die religiösen Kopfputze muslimischer (aber auch mancher hinduistischer!) Frauen. Bei den Iranerinen, die in aller Regel nur einen Schal locker überlegen (wenn sie nicht im Iran sind, heißt das, wo man sie zum Tragen eines Niqab zwingt), finde ich es sehr charmant und im Winter mache ich es ähnlich. Bei Burkas und Niqabs, die hier im Westen getragen werden, hört es für mich auf – Tarnkappen zu tragen finde ich nicht in Ordnung – zumal man hier mehr auffällt, wenn man sich damit visuell ausgrenzt.

Noch schlimmer aber finde ich die ach so religiös Verhüllten (die damit ja umgehen wollen, Männer visuell anzusprechen), wenn sie DANN wieder, völlig unlogisch, Skinny Jeans und Make-Up tragen. Wenn ich Männer nicht ansprechen will, sollte ich wissen, dass in dieser Kultur, in der wir uns hier bewegen, enganliegende Kleidung eher als sexy betrachtet wird als ein zur Schau gestelltes Haupthaar. Und Make-Up … don’t get me started on that …

Nichts destotrotz – ICH WILL AUCH NICHT, dass IRGENDJEMAND mir VORSCHREIBT, irgendetwas Bestimmtes zu tragen, oder nicht zu tragen – und wenn ich im Sommer mit langen Hosen herumlaufe, dann ist das MEIN Ding. Warum sollte ich also ein Mitspracherecht darüber haben, wie andere Leute herumlaufen?

Das gilt auch für dicke Leute, die sich in Sachen zwängen, die ihnen zu klein sind (ICH kaufe mir die richtigen Größen – meistens …), es gilt für Leute aller Statur, die Klamotten tragen, die ihrem Alter einfach nicht mehr entsprechen (sorry, Frauen im mittleren Alter in Mickiy-Maus-Shirts) und es gilt für deutlich über 80jährige Damen, die mehr Falten haben als ein Chinesischer Faltenhundwelpe und die sich die Haare pechschwarz färben  – ich mag den einen oder anderen Anblick erheiternd finden, aber es ist „not my effing business“.

Toleranz heißt nicht, dass ich alles TOLL finden muss – es heißt, dass ich damit leben muss und auch mal auf meine Zunge beisse, weil ich einfach kein RECHT habe, gehört zu werden.

Hier in der Straße wird ein Flüchtlingsheim entstehen. Nicht weit von mir. Vierstöckig. Die Flüchtlingszahlen sind hoch, die Stadt Hannover muss viele Flüchtlinge aufnehmen. Die Leute werden weder meine Sprache sprechen noch werden die meisten von ihnen sich kleiden, wie man sich hier nun mal so kleidet. Viele von ihnen werden weder atheistisch noch christlich geprägt sein.

Und? Es ist eine verdammte Pflicht aus der Geschichte dieses Landes heraus, dass WIR, die WIR als Gemeinwesen für soviele Flüchtlinge ab 1933 gesorgt haben, nun, wo wir besser dastehen, welche aufnehmen. Und aufnehmen heißt, wir lassen sie BEI UNS und auch MIT UNS wohnen.

Wenn dieser Staat weiterhin dieselben Fehler macht, die in den 1960ern bei den „Gast“-Arbeitern gemacht wurden (Ghetto-Entstehung, Ausgrenzung, Desinteresse), werden wir uns ein Problem selber machen, das wir vermeiden können. Denn Ausgrenzung, das ist ein Spiel, das zwei spielen können. Wir können die „Anderen“ ausgrenzen, SIE UNS ABER AUCH. Und wie wollen wir sie dann erreichen, wenn es uns auf einmal nötig erscheint??

Siehe auch unsere Deutschen mit russischer/kasachischer/ukrainischer etc. Herkunft: Wenn wir da als Gemeinschaft intolerant sind, ausgrenzen, sie auf sich und ihre Familien und Freunde beschränken, entstehen gefährliche Parallelgesellschaften – wir sollten sie nicht russischer Propaganda a la RT überlassen.

Schöne Kommentare aus dem Internet (könnte Failblog gewesen sein:)

Ein Mädel bezog sich auf das biblische Verbot von Homosexualität und nahm das als Grund, warum die Ehe zwischen Menschen gleichen Geschlechts verboten werden sollte.

Da antwortete ihr ein Bekannter: Irgendwo in Deuteronomicus steht auch, wenn eine Frau in der Hochzeitsnacht keine Jungfrau mehr sei, sei sie zu töten. Und wenn er sich an ihre gemeinsame High-School-Zeit richtig erinnere, hätte sie dann ein Problem.

Ihre Antwort war sehr aussagekräftig: I hate you.

Ja, wie sagt das Netz so schön: Haters gonna hate. Sie hat nicht nur dort ein Hassproblem. Und sie war nicht mal Deutsche 😉

 

 

 

 

 

Glasbläser

Am Samstag habe ich mit einem Freund mal wieder etwas Kulturelles unternommen. Das GlasBlasSingQuintett gastierte im Theater am Aegi – Videos sind schon in meinem Juli-Beitrag vom KleinenFest verlinkt.

Ich gestehe, es war ein kleines Risiko, ob denn auch, was 20 Minuten viel versprach, über zwei Stunden dies halten würde.

Nun, die Show fing an mit einem eigenen Lied: „Männer und Flaschen“. Und nachdem sich die Herren so eingeführt hatten, kamen weitere eigene Lieder, wie „Parkplatz“ oder das Lied über den Kater auf dem Fahrrad2, aber auch bekannte Lieder in unbekannter Form. Elvis, „a little less conversation“oder  ein Jazzklassiker „take five“ – naja, der war schon sehr unbekannt dargeboten 😉

Wie schon beim Kleinen Fest haben die 5 Künstler auch hier eine Menge Witze auf eigene Kosten gerissen. Kleines Beispiel:

„Take five“ – „Weil wir 5 sind?“

„Nein, take PFEIF, du Pfeife … NATÜRLICH weil wir fünf sind!“

Sehr schön war auch das Stück, das allein auf den Percussion-Qualitäten von Flaschen basierte – erinnerte an eine angenehme halbe Stunde bei der langen Nacht der Theater vor ein paar Jahren, in der professionelle Percussionisten einem Publikum bewiesen, dass Percussion-Instrumente auch ohne die anderen reizvoll sind. Ich werde das Quartett für vier Triangeln nicht so schnell vergessen. VIER VERSCHIEDEN GROSSE … Ich wusste gar nicht, dass es sie in verschiedenen Größen (Tonhöhen) gibt!  Auch die BlasSingPlopFlaschenschläger zeigten, wie reizvoll ein Instrumentalstück mit Rhythmusinstrumenten allein sein kann.

Ein Klassiker der Fünf ist der Türkische Marsch, geploppt. Nicht das einzige Plopp-Stück.

Immer wieder auch wurden in Lieder andere Stücke eingewebt – u.a. LetMeEntertainYou.

Alles in allem habe ich schon wesentlich langweiligere 2 Stunden verbracht und ich würde es wieder tun. Ob allerdings schon nächstes Jahr .. am 3. 10. 2015 kommt die Gruppe erneut nach Hannover. Sie mag halt das kuschlige Ambiente mit nur 1000 Leuten im Theater am Aegi … 😉

Sind die Fetten die neuen „Sternträger“ in Amerika?

Aus den USA kam eine Meldung herein:

http://www.nbcnews.com/health/diet-fitness/cdc-fueling-anti-fat-bias-workplaces-n237171

Die CDC (Centers of Disease Control and Prevention) bietet für Arbeitgeber ein Programm an, das schon nicht mehr subtil benannt ist – LEAN works – fette Leute also nicht? Was macht dieses Programm? Es berechnet die angeblichen Kosten, die ein fetter Kollege mehr kostet als ein „so viel gesünderer“ schlanker Kollege.

Mal abgesehen davon, dass zur Berechnung nur der BMI herangezogen wird, und sorry, aber der erfasst nicht, worin die Körpermasse besteht, ob in Fett oder in Muskelmasse – und damit ist er nicht wirklich aussagekräftig. Ob wir Fetten wirklich soviel mehr Kosten verursachen ist leider immer noch theoretisch.

Achtung, hier kommt ANEKDOTE statt Studie:

Ich habe drei superschlanke weibliche Bekannte, die alle drei Rückenbeschwerden haben. Ein schlanker Kollege hatte einen Bandscheibenvorfall mit noch nicht mal 40.

Mein BMI ist über 40.

Ich war in den vergangenen 12 Monaten zwei- oder dreimal daheim mit fiebrigen Erkältungen .. einen Tag, drei Tage, einmal mit Krankschreibung eine Woche. Der Bandscheibenvorfallkollege war mehr Tage wegen des Bandscheibenvorfalls  daheim, er ist ein eifriger Läufer. Und die Damen mit Rückenbeschwerden? Eine war mehrere Wochen zur Kur. Von den anderen beiden sind solche Absichten noch nicht bekannt. Aber sie quälen sich.

Habe ich denn wenigstens Kniebeschwerden? Seit meinem Autounfall mit 19, manchmal … Ich bin jetzt 46. Da bleibt es nicht ganz aus. Habe ich Hüftbeschwerden? Nö. Habe ich Krebs? Bisher auch nicht. Zu hohen Blutdruck? Nein. Zu hohes Cholesterin? Nee. ICH MUSS DOCH EINE DER TYPISCHEN FETTKRANKHEITEN HABEN! – NON, mesdames et messieurs … Mein Glaukom ist nicht gewichtsabhängig, meine Hausstauballergie ebenfalls nicht.

Wieso soll also mein BMI in irgendeiner Weise vorher sagen können, was für Kosten ich verursache? Und wenn sich das mit Mitte 40 noch nicht andeutet …

Ende der Anekdote.

Das Resultat von LEAN works wird sein, dass Chefs ihre Untergebenen A – zu selbstzerstörerischem Verhalten (eine Diät zerstört Teile von mir!) anhalten, das aber zu 95 % nicht funktioniert. Darüber gibt es Studien. Daraus ergibt sich B – dass die Leute in die Depression getrieben werden – schließlich sagt ja jeder, der Fehler liegt bei ihnen, wenn es nicht funktioniert. Dann verursachen sie auch die höheren Kosten.

Und dann werden sie C – gefeuert.

Lustigerweise hat die CDC den Zusammenhang von Depression und Fettsucht erkannt (Google-Suche von CDC und obesity ergab mehrere Treffer, u.a. den unten):

And now a new Centers for Disease Control and Prevention (CDC) report suggests that being obese may increase patients‘ risk of depression, and vice versa.

Aber – leider hat sie nicht gesehen, dass das Verhalten von SCHULD-zuweisung nur weiter dazu beiträgt, dass Leute depressiv sind. Und das diverse Anti-Depressiva das Gewicht erhöhen, ist auch erwiesen.

Und selbst die oben zitierte Studie gibt zu, dass man bei den Patienten, bei denen man die Daten erhoben hat, nicht sagen kann, was zuerst da war.

Aber man kann ja ganz sicher den Patienten dafür BESCHULDIGEN, nicht den Druck der Gesellschaft, endlich abzunehmen, was in 95 % der Fälle nicht funktioniert (oh, man verliert Gewicht, moderat – aber nicht für länger als 2 Jahre),  … und wenn man das kann, kann man auch verlangen, dass so jemand nicht einen guten Arbeitsplatz den Schlanken wegnimmt, nicht wahr? Von was der Fette Mensch leben soll? Na, von seinen Fettreserven, um es mal ganz platt zu sagen, nicht wahr?

Fazit: Dicke Leute sollten erst abnehmen, dann dürfen sie leben, nicht wahr? Sind wir echt schon wieder so weit?