Einen Monat lang bin ich jetzt schon in anderer Funktion, langsam lichtet sich das Chaos, das pure Selbstorganisation verlangte. Nicht, dass die Kräfte, die sind, nicht schon seit 01.07. wussten, dass wir 12 „Apostel“ kommen würden.
Immerhin habe ich seit 01.07. einiges über mich gelernt:
- Ich bin kein Organisator – aber ich bin nicht übel in Improvisieren.
- Ich mag keinen Körperkontakt zu Kollegen. Thank you very much for respecting my private sphere.
- Ich muss doch Russisch lernen. Bisher war ich zu optimistisch (Nur zur Erinnerung: Optimisten lernen Englisch, Pessimisten lernen Russisch, Realisten lernen Chinesisch, aber das blieb mir ja verwehrt).
- Ich bin alt geworden. Ich musste einer 20 Jahre jüngeren Kollegin das „Du“ anbieten, da sie von sich aus zu gut erzogen war, um mich zu duzen.
- Ich kann auch 42 Stunden die Woche oder auch mal 43 – aber ich ziehe unter 40 Stunden vor – nicht sehr überraschend, das.
- Ich ziehe es vor, als Mensch, nicht als Funktioner behandelt zu werden. Und ich hoffe, dass ich eine solche Einstellung auch bei meinen neuen Kunden an den Tag legen werde.
- Ich hasse Ungewissheit. Sie belastet mich körperlich. Ich hoffe, ich denke an diese Zeit, wenn ich meine zukünftigen Kunden vertrösten muss. Und ich werde sie nicht immer gleich mit Gewissheit ausstatten können.
- Neue Leute zu treffen ist für mich kein Problem. Mir deren Namen zu merken, schon eher.
- Passwörter sind eine Seuche. Es wird langsam lächerlich, wieviele Passwörter ich benutze, um zu arbeiten. Wird Zeit, dass man sich mit Fingerabdruck einloggen kann.
- Es tut gut, auch mal richtige Aktenarbeit zu machen (soll heißen, in Ruhe lesen und analysieren) und nicht nur stur Sachen in den Computer zu hacken.
Alles neu macht also hier der Januar – und auch wenn noch viel Hin- und Her ist (wie beim Anfang jeder guten Beziehung) – oder Raus und Rein, wenn Ihr es zweideutiger mögt – ich meine natürlich nur Rin inne Kartoffeln, Raus ausse Kartoffeln 😉 – der Ton ist ein grundlegend anderer in der neuen Verwendung. Ich weiß nicht, ob die neue Chefin, die jetzt dem alten „Laden“ vorsteht, da was ändern kann. Ich hoffe, der alte Chef, der mit mir und meinen Kollegen gewechselt hat, hat jetzt nicht vor, den Ton im neuen „Laden“ zu ändern.
Eine kleine Anekdote am Rande. Für eine Geschäftsreise war die neue Stelle zuständig – und man riss sich ein Bein aus, um allen (nicht unverschämten!) Wünschen gerecht zu werden. Und für die nächsten Reisen mühten wir uns mit den alten Stellen. Der Unterschied: Bei der ersten Reise hatte die Dame, die die Tickets buchte, ihren Arbeitstag bis weit nach 19 Uhr gedehnt. Bei der alten Stelle bekamen wir am Freitag zu hören, die dort zuständige Kraft würde jetzt (gegen 12) Feierabend machen, sie sei ja nur halbtags.
Bei der neuen Stelle war es kein Problem, dass jeder sein Ticket einzeln bekam, so dass auch jemand einen Zug später nach Hause nehmen könnte – und CityOption gab es auch. Bei der alten Stelle werden wir entweder alle verpflichtet, in einem Kleinbus zu fahren – oder wir bekommen ein Sammelticket – es sei denn, jemand hat eine BahnCard – die nutzt die alte Stelle natürlich gern und dafür ist man dann auch bereit, ein Extra-Ticket auszustellen. Eine CityOption gibt es nicht.
Die neue Stelle schickt Leute aus der Nähe von Osnabrück nach Hannover, damit wir hier arbeitsfähig werden, Anrufe werden nicht als Störung wahrgenommen, sondern sind ausdrücklich erwünscht, da wir uns ja in eine ganz neue Materie einarbeiten sollen. Einarbeitungen habe ich bei der alten Stelle nicht erfahren – „hier ist der Schlüssel, da ist das Gesetz – viel Spaß“. Und was Hilfe bei der Einrichtung angeht – man baute uns ein neues Regalsystem hier an einem Tag in einem Raum auf (Hängeregistratur) – und die alte Stelle, vor Ort, schafft es nicht mal, ein Whiteboard im Besprechungs- und derzeit vor allem Schulungsraum anzubringen …