Gestern war es also wieder soweit:
die Lange Nacht der Museen fand statt. Erst war ich nur halb interessiert, weil der Kurator im Kestner-Museum gewechselt hat und das Haus wird auch, wenn ich einem HAZ-Artikel von gestern vertraue, eine totale Umstrukturierung erfahren (mehr Themen-durch-die Zeit, nicht mehr Epoche für Epoche mit allen Themen einer Epoche in einem Bereich dargestellt).
Aber für 7 Euro hätte ich bei zwei besuchten Museen und Ausstellungen ja bereits wieder Plus gemacht.
So traf ich mich also bei strahlendem Sonnenschein (angesagt waren Gewitter, Hagelschauer, Regen) vor dem Landesmuseum mit einem Freund, wartete bis pünktlich 18 Uhr die Pforten geöffnet wurden und erstand ein Ticket. Dazu gab es die Broschüre (ein französisches Lehnwort statt des Englischen Flyer) und wir beeilten uns gerade noch an der Hinter-Den-Kulissen-Führung der Aquarien teilzunehmen. Ein Teil der Fische wird selbst gezüchtet, ein weiterer Teil dazugekauft. Dass darunter auch Wildfänge sind, hat mich ein wenig verdutzt. Und nicht positiv. Ist das wirklich notwendig? Wildfänge sollten doch heutzutage kein Thema mehr sein!
Der Aquarienbereich (wir schauten uns natürlich auch den Publikumsbereich an) ist sehr schön gemacht: Neben den Aquarien sind kleine Displays, auf denen man Bilder der in den Aquarien vorhandenen Fische findet – und wenn man auf diese Bilder (sanft) drückt, öffnen sich weitere Infos. So konnte man jedes Aquarium auch als eine Art Wimmelbild auffassen – und mal schauen, ob man alle Fischarten sah. Es gelang uns nicht immer, obwohl ich wirklich im Training bin.
Danach haben wir dann noch im Innenhof bei herrlichem Wetter afrikanischen Klängen gelauscht – oder war es bei afrikanischem Wetter herrlichen Klängen? Es gab auch die Möglichkeit, dort Essen und Getränke käuflich zu erwerben. Wie eigentlich vor oder an jedem Ort. Es war auch notwendig, zu trinken.
Anschließend gingen wir in die Galerie „Vom Zufall und vom Glück“, wo eine Ausstellung von Anna Jander zu sehen ist. „Wastelands“ – verlassene Industrie-Gelände, aber auch verlassene Häuser in den USA und Nachtbilder von Los Angeles. Die Künstlerin hat Fotos dieser Orte gemacht und nach diesen später ihre Bilder in Acryl gestaltet. Die Technik wurde mit „Auswischen“ beschrieben, das gab einigen Bildern einen Hauch Aquarell-Qualität. Ich sah in einigen Bildern, die nun eindeutig NICHTS Italienisches hatten, Venedig. Entweder in den Farben, oder sogar Gondeln aller Orten 😉 Wie sagte eine weitere Ausstellungsbesucherin – die mich fragte, was ich dort sehen würde – und von mir die Antwort erhielt, „Venedig“ – „es ist doch schön, wenn man soviel Fantasie hat!“ (Das Bild dazu habe ich bisher nicht online gefunden, aber ich konnte meinen Begleiter sogar davon überzeugen, dass man geheimnisvolle Kuttenträger darauf sehen konnte!)
Nach soviel Kultur gab es erstmal eine kleine Auszeit in der Stadtbibliothek – auch Kultur, aber andere Art, mehr für die Ohren – wir bekamen dort ein paar angejazzte Chansons zu hören. Und ein Trophy-Wife zu sehen – hochhackige Schuhe, fest(lich) gestylter Dutt, Blazer, von einem Herrn im Anzug begleitet, der nicht ganz so überstylt, aber immer noch zu festlich für das Wetter und die eher lässige Veranstaltung daher kam. Und ganz Klischee schob diese Frau ihre ca. 8-jährige Tochter durchs Gedränge, kein Bummel, kein Stöbern, kein Trödeln, selbst abends um 21 Uhr wurde noch „Programm gemacht“. Relax, perfeke Mutter, du solltest dringend die Ausstellung im Sprengel-Museum besuchen, mit oder ohne Kind. Und mal etwas von der Kunst des Loslassens lernen. Aber zum Sprengel-Museum kommen wir noch.
Nach der Stadtbücherei gingen wir zunächst zum Museum August Kestner. Dort hatten wir eine Verabredung mit den Göttern. Sie sahen göttlich aus – wie hingegossen. Naja, das waren sie ja auch. Wir lernten, dass die Ägypter sehr fein gearbeitete Wachsmodelle herstellten, die sie mit Ton ummantelten, beim Brennen des Tons schmolz das Wachs und machte damit Platz für die Bronze. Aber eine so hergestellte Form ist nur einmal verwendbar. Heutige Bronzegießer trauen sich nicht an die Handwerkskunst der Ägypter heran, der Versuch eine Replik eines Leipzigers Stücks zu erhalten, scheiterte an der Weigerung heutiger Handwerker, diesen Job zu versuchen. Stattdessen wurde eine aus Silikon hergestellt … Dass diese vom Original abweicht und auch nicht so fein gearbeitet sei, muss ich der Wissenschaftlerin einfach mal glauben. Bei den heutigen Möglichkeiten, sogar elektronisch Zahnprothesen zu fertigen und aus 3-D-Druckern Handprothesen zu erstellen, bin ich allerdings ein wenig skeptisch. Das sei mir verziehen.
Nach den Göttern wurde es wieder Zeit für etwas Entspannung – ein wenig Lounge-Jazz im Museum sorgte für den begehrten Chill-Effekt.
Eigentlich wollten wir die Nacht mit der Taschenlampenführung beenden, aber da diese inhaltlich mit der Führung zu den Gegossenen Göttern übereinstimmte, wechselten wir noch einmal das Terrain, gingen rüber zum Sprengelmuseum und sahen uns dort eine Kurzführung zu ein paar Highlights an. Gestört wurde das ganze durch einen aggressiven, angetrunkenen Gast, der, als die Sprache auf die Zeit kam, in der Beckmann lebte, und die ihn und seine Kunst prägte, darauf bestand, dreimal nachzufragen, ob denn einem der USA-Bilder von Beckmann ein „Arischer Penis“ dargestellt sei. Bei der dritten Nachfrage verlor ich meine Geduld und herrschte ihn an, dass jetzt genug sei – der Rest der Führung ging ohne Störung vorüber. Es reicht doch auch wirklich aus, dass der junge Mann, Anfang 30 vielleicht, der Gruppe dreimal beweist, was für ein ignoranter, angetrunkener und dadurch hemmungsfreier Arsch er war.
Und da es nach dieser Führung, die im Übrigen vor einer Videoinstallation der oben angesprochenen Ausstellung endete, schon halb 1 war, wurde es Zeit, mal zu schauen, ob die Jazz-Funk-Soul-Party mir gegenüber im Sofa-Loft schon zuende war . War sie nicht, als ich kurz nach 1 nach Hause kam, konnte ich die Musik auf der Straße noch ein klein wenig hören. Bis ich soweit war, mein Licht auszumachen, war aber alles ruhig. Bisher kann ich mich über das Veranstaltungszentrum Loft eher nicht beschweren. Dieses Mal aber nur nicht, weil ich selber unterwegs war.
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