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Punkt, Punkt, Punkt 2017 – (26) – In der Nacht

Das Thema sollte mir eigentlich leicht fallen:

In der Nacht

gehen Hannoveraner ins Theater

oder ins Museum

oder in die Kirche

oder fahren mit Skates

Also, natürlich nur in Speziellen Nächten. Lange Nacht der Theater/Museen/Kirchen – bzw. Skate by night oder auch mal der Evangelische Kirchentag.

Ansonsten haben wir natürlich Nachtclubs, aber doch eher … weniger … wir sind Provinz, nicht Berlin

Dann feiern wir nachts Party. Also – die WGs neben mir tun das … oder irgendjemand anderes, der meint, bei heißem Wetter viele Leute in seine Butze einladen zu müssen, dann das Fenster aufzureißen und die ganze Straße zu beschallen. Die WG nebenan hatte gestern Einweihungsfeier. Aber ich will fair bleiben – man hat es angekündigt und mit Ohrenstöpseln konnte ich schlafen.

Ob wieder jemand sich vom Balkon erbrochen hat (wie bei der VorgängerWG) oder wie bei der anderen WG im Stock darunter in den Hausflur – das habe ich noch nicht überprüft. Es ist ja auch schön zu sehen, dass die als sehr konservativ und überangepasst verschrieene Generation auch mal über die Stränge schlagen kann. Ihr wart mir schon unheimlich … (Die Jugend von heute ist alt vor ihrer Zeit. Ein bißchen wie ich damals, denn auch ich war mehr als brav. Nur ICH war eine exotische Ausnahme, wenn das eine ganze Generation an den Tag legt, ist es ein wenig … unheimlich – StepfordKids statt StepfordWives.)

Und ansonsten wird in Hannovers Nächten gelesen, gestritten, ge*ahem* (also, meist einvernehmlicher Sex gehabt), fern gesehen, das eine oder andere Feuerwerk gezündet, gearbeitet (z.B. die Fahrer der Üstra, die einmal pro Stunde Fahrgäste im Nachtsternverkehr durch die Stadt fahren, aber natürlich nicht nur die, es gibt hier zahlreiche Krankenhäuser, Not-Dienste bei Tierärzten/Apotheken/Humanmedizinern, Taxifahrer, dann Industrie, die im Dreischichtbetrieb arbeitet, Altenpfleger, Hotelpersonal und natürlich Polizisten und Soldaten etc. etc.)

In  Hannover in der Nacht

wird geweint und viel gelacht

wird gefahren und gelegen

und ist man mal so recht verwegen

wird gesungen und getanzt

(auch mal ein Telefon verwanzt).

In Hannover in der Nacht

ist’s nicht anders als woanders

es wird getrunken und gelacht

und jeder denkt, na er, er kann das.

doch bei allem nächtlichen Sehnen

sind die Nächte hier zum Gähnen.

Denn wir haben keine Grafen,

daher wird bürgerlich geschlafen!

(Das war mal wieder aus der Kategorie schlichte Gedechte.)

 

15. Lange Nacht der Theater

32 Spielstätten hatten geöffnet, aber niemand hätte mehr als 8 geschafft. Wir haben fünf Aufführungen gesehen.

Begonnen hat es mit einem Zauberkünstler auf der Hinterbühne. Die Hinterbühne ist ein kleines, unabhängiges Theater mit zwei Bühnen, der Zauberkünstler „Wiesel“ trat auf der Bühne auf, die mehr Zuschauer unterhielt, nebenan wurde vor ca. 20 bis 30 Leuten Loriot gegeben. Also, natürlich nur ein Loriot-Tribute-Act.

Wiesel zeigte einen atemberaubenden Kartentrick – mit dem Kartenstapel in einer „Tier“-Falle (so wie man sie aus Zeichentrickfilmen kennt), aus dem er die „richtige“, von dem jungen Mann neben mir gekennzeichnete Karte herauslöste, ohne seine Finger zu brechen. Natürlich. Ich will auch gar nicht wissen, wie es genau funktioniert. Er zeigte einen Tuch in Ring-Trick, nicht neu, aber solide. So wie auch sein Seiltrick. Aber am Besten gefiel mir die Nummer, bei der er NICHT zauberte. Diese Nummer war zauberhaft:

Er hatte ein Stück Leinwand, auf eine bestimmte, komplizierte Art und Weise mit Falten versehen, die es ihm ermöglichte, mit wenigen Griffen aus diesem Stück immer neue Formen zu „zaubern“ – und er erzählte eine Geschichte, die er mit dieser Leinwand illustrierte. Das war unterhaltsam, das war originell und lustig war es auch!

Anschließend gingen wir die wenigen Schritte hinüber zu den Kulissenwerkstätten des Staatstheaters. Dort wurden wir von einem der Meister aus der Schlosserei durch Schlosserei, Tischlerei und Malerei geführt. Das dauerte eine geraume Zeit und war sehr beeindruckend. Nicht, dass ich mir die Zahlen alle merken konnte. Aber ich hatte keine Ahnung, wieviel Schlosserarbeiten für die Kulissen notwendig sind, heutzutage. Früher hat man vieles mit „Aufzügen“ gemacht, Kulissen, die auf Leinwände gemalt waren und nicht begehbar. Heute dagegen sind die Bühnenbildner diejenigen, die wegen zuviel Mathe nicht Architektur studiert haben, und die Kulissenwerkstatt all die „Arbeit“ machen lassen, (Statik, Machbarkeit in Bezug auf Höhe und Zusammenbaubarkeit). Zwei Fachkräfte entwerfen, natürlich heutzutage am Computer, die technischen Zeichnungen, die von den Bühnenbildnern abgesegnet werden müssen. Dann arbeitet die Schlosserei an den Rahmen und Stützen – wenn die Bühne auch in der Höhe bespielt werden soll, ist natürlich mehr Stütze notwendig.  Die Tischler verkleiden mit Platten die Gestelle und die Maler sorgen für die Illusion, dass man da nicht nur Holzplatten sieht. In der Malerwerkstatt wird auch viel mit Schaumstoff gearbeitet, man beschäftigt auch Leute, die dort Skulpturen und sogar aufwändigen Kopfputz  entwerfen. Aus Schaumstoff.

Eine sehr informative Führung, die länger dauerte als angekündigt, Fragen wurden auch beantwortet und wir hatten viel Spaß.

Als nächstes strebten wir einem Musikkabarettisten zu. Die Kleinkunstbühne liegt ein wenig aus der Innenstadt entfernt, aber der Weg hat sich gelohnt (wir sind mit der Bahn gefahren, zum Thema Kulturbus schreibe ich vermutlich etwas, wenn Punkt, Punkt, Punkt das Thema Chaos vorgibt).

In einem Kleingartenvereinsheim bespielt die Kleinkunstbühne (so der Name des Theaters, nicht die Einstufung) einen kleinen Saal, den man sicher auch für Familienfeiern mieten kann – so sieht er jedenfalls aus … Eine Bühne war aber vorhanden, nicht besonders groß, aber da die Acts der Kleinkunstbühne nicht Theater spielen sondern Kabarett und Gesang vortragen, völlig ausreichend. Zu Gast an diesem Abend war Thorsten Hitschfel, nach eigenen Angaben freute er sich, nicht aus den „gebrauchten“ Bundesländern zu kommen, sondern aus den neuen. (Natürlich hat der Mann recht! Nach fast 26 Jahren Wiedervereinigung noch immer von NEUEN Bundesländern zu reden, ist einen Seitenhieb wert. Zumal diese Sprechweise auch beinhaltet, dass die Leute, die dort leben, noch „grün“ hinter den Ohren sind, auch wenn sie zu einem guten Teil braun wählen. Übrigens wäre Herr Hitschfel der letzte, der dies bestreitet, einer seiner Gags war auf Dresden und Pegida hin gerichtet).

Die Quintessenz der Nummern, die wir dort sahen, war aber eher: Früher hat man noch ordentliche Musik gemacht, heute ist es nur noch Humpa-Humpa … Vielleicht hat er noch nicht mitbekommen, dass Scooter ein Produkt der 90er war – und jetzt nur noch eine Randerscheinung ist. Doch mal abgesehen davon, was als „Moderne Musik“ zu gelten hat, in den 90ern habe ich genau dasselbe gedacht.

Beispiel für seinen Humor: „Früher sang man Liebeslieder, heute gibt es nur noch Pop-Musik“. In Zeiten von Tinder hat er so Unrecht nicht.

Und singen konnte Herr Hitschfel übrigens auch noch! Meinem jungen Begleiter gefielen die Gags nicht besonders, die im unterschiedlichen Sprachverhalten von Ost und West begründet waren (hier ist eindeutig mehr Denglisch). Aber vielleicht waren die Gags auch einfach der Tatsache geschuldet, dass sich Herr Hitschfel in einer fast dialektfreien Stadt befand – und dieser Tatsache Rechnung tragen wollte.

Ich jedenfalls habe mich gut amüsiert bei einem Mann und seiner nicht mehr ganz tiefroten Gitarre – weil es früher ja nur rote Gitarren gegeben hätte.

Anschließend nahmen wir die Bahn zurück, bis in die Altstadt hinein, dort wollten wir im Ballhof einkehren, doch die Vorstellung begann doch um 21 Uhr und nicht, wie im Internet verkündet, um 21:30 Uhr. Die Schlange, die wir sahen, waren bereits Leute, die sich für die 22 Uhr Vorstellung anstellten – wir saßen auf der Bank daneben, weil wir nun unverhofft viel Zeit hatten – und genossen den wirklich netten lauen Abend mit ohne Regen. Die Sonne sank, wir unterhielten uns über anstehende Schulabschlussjubiläen (ja, ist bei mir nächstes Jahr um diese Zeit 30 Jahre her!) – und über dies und das – und gingen dann gemächlich zum Haupttheater Hannovers: Das Schauspielhaus.

Dort konnten wir in Ruhe noch Postkarten der aktuellen Produktionen mitnehmen – und ich nahm mir eine mit über das Stück, von dem wir an dem Abend Teil 2 zu sehen bekamen.

Dann schlossen wir unsere Rucksäcke weg, der dafür notwendige Euro kam wenigstens auch wieder heraus (nimm das, Theater am Aegi!) und gingen dann nach oben, um darauf zu warten, eingelassen zu werden. Mit ein wenig Verspätung kamen wir dann auf unsere Plätze – es war voll – und sahen uns den zweiten Teil einer von Struwwelpeter inspirierten „Junk-Opera“ an (so die Selbstbezeichnung im Flyer zur Langen Nacht). Es wurde viel gestorben (aber so richtig zahm ist die Vorlage ja auch nicht). Und das Gestell des Elephanten-Autos schloß einen Kreis zu der Werkstattführung – das kam natürlich von dort!)

Den Abschluss des Abends bildete ein Besuch im GOP. Eine spanische Truppe gastiert dort gerade und hat drei Equilibristen und eine Ring-Artistin aufgeboten. Letztere war poetisch, die ersten waren solide mit einem leicht homophobischen Humor. (Aber vielleicht ist das auch ein kulturelles Missverständnis zwischen den Macho-Kultur-Spaniern und der deutschen Betrachterin. Um das zu klären, müsste jemand anders sich das ansehen und seinen Eindruck schildern. Mein Begleiter jedenfalls hatte auch diesen Eindruck.)

Um überhaupt ins GOP hinein zu kommen, musste man übrigens auch als Karteninhaber sich in eine Schlange stellen. DAS war erstaunlich, aber den Örtlichkeiten geschuldet. So gab es kein Gedränge in dem engen Gang, der den Zugang zum GOP bildet – und die Feuerwehr dürfte das gefreut haben – Fluchtwege wurden so freigehalten.

Danach wollte ich eigentlich den Nachtbus nach Hause nehmen, aber der letzte war zehn Minuten vorher gefahren, der nächste fuhr erst wieder in fünzig Minuten. So entschied ich mich, doch noch zum Geldautomaten zu gehen und mit dem Taxi nach Hause zu fahren. Vom Bahnhof bis zu mir nachts um Viertel vor eins – zehn Euro. Plus Trinkgeld …

Es war wieder ein gelungener Abend, fünf von acht möglichen Veranstaltungen haben wir uns angesehen, das TAK haben wir uns geschenkt (sonst jedes Jahr gern, aber dieses Jahr zog es mich nicht hin), einen neuen Veranstaltungsort habe ich dafür besucht (ich war noch nie bei der Kleinkunstbühne). Die war auch das erste Mal dabei!

Preis: Fünfzehn Euro. Unterhaltung von 18 bis 0:30 Uhr. Wenn das kein ordentliches Preis-Leistungsverhältnis ist.

Viereinhalb von fünf Kokosnüssen (den halben Nuss-Abzug gibt es für die Kulturbusse, die jetzt nur noch alle halbe Stunde fahren und für den Fehler im Internet mit der Anfangszeit im Ballhof! Und das war großzüig, aber ich habe mich amüsiert, da bin ich generös gestimmt.)

Veranstaltungskalender 2016

Nachdem Hannover also den Hannovermarathon hinter sich gelassen hat (wenigstens fuhren Bahnen und Busse, mehr sag ich dazu nicht), hier jetzt ein paar Veranstaltungen in den nächsten Monaten:

Am 5. Mai ist Himmelfahrt – traditionell das kostenlose Open-Air-Jazz-Konzert vor dem Rathaus.

Bands dieses Mal nicht aus Amerika (was schade ist, mir gefielen die Hellraisers). Stattdessen zwei Acts aus Deutschland (Nils Wülker und die Braunschweiger Band Jazzkantine), ein Italiener (Mario Bondi) und Seven, ein Schweizer, der mehr Soul als Jazz spielt.

Dann, am 28. Mai folgt die Lange Nacht der Theater.

Das Programm kommt vermutlich Ende dieses Monats raus und dann öffnet auch der Vorverkauf.

Die entsprechende Veranstaltung zu den Museen ist erst am 25. Juni, da steht noch nicht viel fest.

Und mein persönlicher Höhepunkt des Jahres wäre dann wieder ab 13. Juli

13. bis 17. Juli 2016

19. bis 24. Juli 2016

27. bis 31. Juli 2016

Das Kleine Fest im Großen Garten, wenn es das Wetter erlaubt. Ich gehe ja immer zur Abendkasse. Da kann ich mir das Wetter flexibel aussuchen.

Natürlich habe ich noch einiges nicht aufgeführt:

Ebenfalls im Mai:

Das 21. MASALA Weltbeat Festival findet vom 20. bis 29. Mai 2016 im Kulturzentrum Pavillon und an verschiedenen Orten der Region Hannover statt.

Für kurzentschlossene Freunde von vor allem deutscher Musik gibt es schlechte Nachrichten:

NDR 2 Plaza Festival 2016 ist ausverkauft! (wäre am 27. Mai gewesen)

Das zu den Highlights der nächsten Monate. Solltet Ihr noch von etwas hören, ich editiere diesen Post gern!

 

Must-see Museen

Gestern war es also wieder soweit:
die Lange Nacht der Museen fand statt. Erst war ich nur halb interessiert, weil der Kurator im Kestner-Museum gewechselt hat und das Haus wird auch, wenn ich einem HAZ-Artikel von gestern vertraue, eine totale Umstrukturierung erfahren (mehr Themen-durch-die Zeit, nicht mehr Epoche für Epoche mit allen Themen einer Epoche in einem Bereich dargestellt).
Aber für 7 Euro hätte ich bei zwei besuchten Museen und Ausstellungen ja bereits wieder Plus gemacht.
So traf ich mich also bei strahlendem Sonnenschein (angesagt waren Gewitter, Hagelschauer, Regen) vor dem Landesmuseum mit einem Freund, wartete bis pünktlich 18 Uhr die Pforten geöffnet wurden und erstand ein Ticket. Dazu gab es die Broschüre (ein französisches Lehnwort statt des Englischen Flyer) und wir beeilten uns gerade noch an der Hinter-Den-Kulissen-Führung der Aquarien teilzunehmen. Ein Teil der Fische wird selbst gezüchtet, ein weiterer Teil dazugekauft. Dass darunter auch Wildfänge sind, hat mich ein wenig verdutzt. Und nicht positiv. Ist das wirklich notwendig? Wildfänge sollten doch heutzutage kein Thema mehr sein!
Der Aquarienbereich (wir schauten uns natürlich auch den Publikumsbereich an) ist sehr schön gemacht: Neben den Aquarien sind kleine Displays, auf denen man Bilder der in den Aquarien vorhandenen Fische findet – und wenn man auf diese Bilder (sanft) drückt, öffnen sich weitere Infos. So konnte man jedes Aquarium auch als eine Art Wimmelbild auffassen – und mal schauen, ob man alle Fischarten sah. Es gelang uns nicht immer, obwohl ich wirklich im Training bin.
Danach haben wir dann noch im Innenhof bei herrlichem Wetter afrikanischen Klängen gelauscht – oder war es bei afrikanischem Wetter herrlichen Klängen? Es gab auch die Möglichkeit, dort Essen und Getränke käuflich zu erwerben. Wie eigentlich vor oder an jedem Ort. Es war auch notwendig, zu trinken.
Anschließend gingen wir in die Galerie „Vom Zufall und vom Glück“, wo eine Ausstellung von Anna Jander zu sehen ist. „Wastelands“ – verlassene Industrie-Gelände, aber auch verlassene Häuser in den USA und Nachtbilder von Los Angeles. Die Künstlerin hat Fotos dieser Orte gemacht und nach diesen später ihre Bilder in Acryl gestaltet. Die Technik wurde mit „Auswischen“ beschrieben, das gab einigen Bildern einen Hauch Aquarell-Qualität. Ich sah in einigen Bildern, die nun eindeutig NICHTS Italienisches hatten, Venedig. Entweder in den Farben, oder sogar Gondeln aller Orten 😉 Wie sagte eine weitere Ausstellungsbesucherin – die mich fragte, was ich dort sehen würde – und von mir die Antwort erhielt, „Venedig“ – „es ist doch schön, wenn man soviel Fantasie hat!“ (Das Bild dazu habe ich bisher nicht online gefunden, aber ich konnte meinen Begleiter sogar davon überzeugen, dass man geheimnisvolle Kuttenträger darauf sehen konnte!)
Nach soviel Kultur gab es erstmal eine kleine Auszeit in der Stadtbibliothek – auch Kultur, aber andere Art, mehr für die Ohren – wir bekamen dort ein paar angejazzte Chansons zu hören. Und ein Trophy-Wife zu sehen – hochhackige Schuhe, fest(lich) gestylter Dutt, Blazer, von einem Herrn im Anzug begleitet, der nicht ganz so überstylt, aber immer noch zu festlich für das Wetter und die eher lässige Veranstaltung daher kam. Und ganz Klischee schob diese Frau ihre ca. 8-jährige Tochter durchs Gedränge, kein Bummel, kein Stöbern, kein Trödeln, selbst abends um 21 Uhr wurde noch „Programm gemacht“. Relax, perfeke Mutter, du solltest dringend die Ausstellung im Sprengel-Museum besuchen, mit oder ohne Kind. Und mal etwas von der Kunst des Loslassens lernen. Aber zum Sprengel-Museum kommen wir noch.
Nach der Stadtbücherei gingen wir zunächst zum Museum August Kestner. Dort hatten wir eine Verabredung mit den Göttern. Sie sahen göttlich aus – wie hingegossen. Naja, das waren sie ja auch. Wir lernten, dass die Ägypter sehr fein gearbeitete Wachsmodelle herstellten, die sie mit Ton ummantelten, beim Brennen des Tons schmolz das Wachs und machte damit Platz für die Bronze. Aber eine so hergestellte Form ist nur einmal verwendbar. Heutige Bronzegießer trauen sich nicht an die Handwerkskunst der Ägypter heran, der Versuch eine Replik eines Leipzigers Stücks zu erhalten, scheiterte an der Weigerung heutiger Handwerker, diesen Job zu versuchen. Stattdessen wurde eine aus Silikon hergestellt … Dass diese vom Original abweicht und auch nicht so fein gearbeitet sei, muss ich der Wissenschaftlerin einfach mal glauben. Bei den heutigen Möglichkeiten, sogar elektronisch Zahnprothesen zu fertigen und aus 3-D-Druckern Handprothesen zu erstellen, bin ich allerdings ein wenig skeptisch. Das sei mir verziehen.
Nach den Göttern wurde es wieder Zeit für etwas Entspannung – ein wenig Lounge-Jazz im Museum sorgte für den begehrten Chill-Effekt.
Eigentlich wollten wir die Nacht mit der Taschenlampenführung beenden, aber da diese inhaltlich mit der Führung zu den Gegossenen Göttern übereinstimmte, wechselten wir noch einmal das Terrain, gingen rüber zum Sprengelmuseum und sahen uns dort eine Kurzführung zu ein paar Highlights an. Gestört wurde das ganze durch einen aggressiven, angetrunkenen Gast, der, als die Sprache auf die Zeit kam, in der Beckmann lebte, und die ihn und seine Kunst prägte, darauf bestand, dreimal nachzufragen, ob denn einem der USA-Bilder von Beckmann ein „Arischer Penis“ dargestellt sei. Bei der dritten Nachfrage verlor ich meine Geduld und herrschte ihn an, dass jetzt genug sei – der Rest der Führung ging ohne Störung vorüber. Es reicht doch auch wirklich aus, dass der junge Mann, Anfang 30 vielleicht, der Gruppe dreimal beweist, was für ein ignoranter, angetrunkener und dadurch hemmungsfreier Arsch er war.
Und da es nach dieser Führung, die im Übrigen vor einer Videoinstallation der oben angesprochenen Ausstellung endete, schon halb 1 war, wurde es Zeit, mal zu schauen, ob die Jazz-Funk-Soul-Party mir gegenüber im Sofa-Loft schon zuende war . War sie nicht, als ich kurz nach 1 nach Hause kam, konnte ich die Musik auf der Straße noch ein klein wenig hören. Bis ich soweit war, mein Licht auszumachen, war aber alles ruhig. Bisher kann ich mich über das Veranstaltungszentrum Loft eher nicht beschweren. Dieses Mal aber nur nicht, weil ich selber unterwegs war.

Eine nicht so lange Nacht

Eigentlich heißt es ja LANGE Nacht der Theater.
Leider verkümmert diese Institution hier in eine kurze …

Am 25.4. bin ich also mal wieder mit einem Freund losgezogen, für 12 € uns eine Nacht bespaßen zu lassen. Nun, es fing gut an – ich stand am 14. eine Stunde im Vorverkauf, um uns zwei Veranstaltungen zu sichern, um 18 Uhr das TAK (Kabarett, Ich dagegen bin dafür, Johannes Kirchberg)und anschließend in der Werkstatt Galerie Calenberg eine Doppelveranstaltung (Jango Erhardo/ Lina Lärche). Wir schafften es auch ohne Ticket noch in die Faust (Stefanie Seeländer und Herr Schmid am Klavier), mussten dann aber logistisch eine Pause einlegen, weil die Vorstellungen in der Südstadt von der Faust aus nicht zu erreichen waren. Um 22 Uhr haben wir uns für Varieté entschieden und mein Begleiter setzte eine Stunde Wartezeit ein (um 23 Uhr war nicht mehr viel Auswahl und das Neue Theater schon ausgebucht), um um 0 UHr im Neuen Theater noch ein paar Rühmann-Stücke um die Ohren zu bekommen.
Was mich geärgert hat:
Dass bereits um 23 Uhr nur noch wenige Spielstätten sich überhaupt an der angeblich so Langen Nacht beteiligten. Bei wenig Auswahl und gewissen Präferenzen (kein Tanztheater, keine Oper) kam ich so um kurz vor 23 Uhr daheim an.
Dass die Theaterbusse so selten fahren, dass man kaum eine Chance hatte, damit irgendwo zur rechten Zeit zu sein.
Dass das Opernhaus sich völlig auf Oper festlegt. Das war in anderen Jahren anders, viel attraktiver, als noch Jazz nachts um 0 Uhr gespielt wurde (immer gern genommen) und auch mal nur Instrumentales/Skurriles gebracht wurde (ich denke immer noch gern an das Halbstunden-Solo für zwei Percussionisten zurück – das hat sogar meinen damals sehr skeptischen Begleiter überzeugt).
Was mich erfreut hat:
Die gute Laune aller Beteiligten. Sowohl der Profis wie auch der „Kunden“.
Die Vorstellungen im TAK, in der Faust und im Rampenlicht-Varieté, alles drei wirklich unterhaltsam. Johannes Kirchberg hatte ebenfalls einen eher musikalischen Abend, lästerte über unsere Generation genauso wie über die nachfolgende. Von Jango Erhardo war ich nicht so begeistert (humoristische Pantomime zu unbekannten deutschen Schlagern) und ich bin mir immer noch nicht sicher, ob Lina Lärche eine Dame oder ein Herr Dame war – aber das war nicht ausschlaggebend, Lina hatte Witz. Ich war mir einig, dass ein ganzer Abend Jango Erhardo (jedenfalls mit diesem Programm) vermutlich nicht befriedigend wäre, die Grann Damm de la Schangsang aber hätte ich mir auch noch länger angehört.
Frau Seeländers apokalyptisches Abenteuer in Ostdeutschland, eine Variante von Hotel California, unterhielt meinen Begleiter und mich genauso wie ihr Startsong, Eisprung … Die zwei schenkten sich wenig auf der Bühne, immer ein Brüller.
Und das Rampenlicht-Varieté ist schneller, moderner und damit jünger als die Variante im GOP. Es sind junge Künstler aus Hannover und Umgebung, eine Diavolo-Nummer, Äquilibristik, eine Drahtseilnummer und eine Tuchnummer (es ist ja nur eine knappe halbe Stunde Zeit) – nur der Conferencier muss noch ein wenig üben – der war bemüht abgeklärt – und kam damit ziemlich verkrampft an.
Die Rühmann-Show im Neuen Theater wurde mir hinterher von meinem Begleiter nahe gebracht: Von Charlies Tante über Feuerzangenbowle, von „Ich brech die Herzen der stolzesten Fraun“ bis zu „Ein Freund, ein guter Freund“ soll alles da gewesen sein. Und ein nachdenklicher Monolog aus „Der Hauptmann von Köpenick“.
Alles in allem – der Abend hat 12 Euro gekostet – ich war 2 Stunden unterhalten, ist wie im Kino, nur abwechslungsreicher. Und ich habe jetzt zwei neue Spielstätten besucht.
Mein Wunsch für 2016 (dann am 28. Mai!):
Mehr Abwechslung auch nach 22 Uhr, Busse, die es auch ermöglichen von Route Grün zu Route Blau oder Rot zu wechseln, ohne dass man eine Vorstellung aussetzen muss, und bitte, liebes Opernhaus, höre mit diesem Snobismus auf!

Theaternacht

Diese Nacht findet also die Lange Nacht der Theater statt in dieser Stadt. Zur Zeit läuft noch die Abschlussparty – aber große Partys waren noch nie so mein Ding.

Was war dann meines?

Begonnen hat alles mit einem Besuch bei der Hinterbühne – Unterhaltsames über Atomkriegsratgeber und Atomkraftunfälle – ich gehe heute beruhigt ins Bett. Weiß ich doch, dass statistisch gesehen nur alle 5000 Jahre sich ein Atomunfall ereignen kann – damit ist für die nächsten 50.000 Jahre Ruhe. Ein herrliches Gefühl!

Wunderbar war auch das Atombunkerliederbuch: Ashes to Ashes, Help und Yesterday waren u.a. darin 😉

*kleines Schmankerl am Rande: Ein Freund von mir hat sein Handy lautlos gestellt am Eingang – und ich gleich mit. Für die ganze Nacht. Der Ansager hat auch noch mal besonders darauf hingewiesen. Und eine junge Dame, zwei Plätze weiter neben mir? Zieht 1 Minute vor Vorstellungsbeginn erst mal ihr Smartphone aus der Tasche und sieht nach einer Nachricht. Dann beantwortet sie diese Nachricht noch . Mann, muss DIE WICHTIG sein.

Der Ansager machte außerdem auch noch den einen oder anderen Hinweis auf den Marathon am 05.*

Anschließend nahmen wir nicht den Kulturbus der Üstra, der umsonst gewesen wäre, sondern die Bahn (habe sowieso eine Monatskarte, die anderen haben sich mit entsprechenden TIckets versorgt gehabt) – und erreichten den Ballhof zeitig genug, um uns dort erneut eine weitere unserer nicht reservierten Shows anzusehen – von dem Ensemble, dass ich beim letzten Mal bei Coraline gesehen habe. Es wurde eine Kurzversion des Maulbeerbaums gegeben – ein alter, reicher Chinese verkauft den Schatten seines Baumes – ohne daran zu denken, dass dieser Schatten wandert – Merke: Nicht alle alten Chinesen sind weise.

*Lustiger Ansager vor der Vorstellung: Bitte denken Sie daran, Ihr Handy NACH der Vorstellung wieder auszuschalten*

Dritter Programmpunkt war unser erster reservierter: Theater in der List. Es erwartete uns eine negative Überraschung, statt Odysseus gab es Die Fetten Jahre sind vorbei. Die materialistische Welt saß auf der Anklagebank. Die Anklägerin war allerdings sehr argumentationsschwach.

Vierte Station unseres Theatermarathons (wie der Anmoderator im ersten Theater sagte: die einen laufen Sonntag, die anderen schon Samstag), und die Kalkulation war knapp: Marionettenkabarett. Ein Käfigvogel rebelliert gegen seine Unfreiheit – die er aber dann doch, als sie durch den Bruch des Käfigs aufgehoben wird, nicht verlassen will; norddeutsche Bauern beim Klönschnack – in der Zeitrafferversion, der alte Raucher, der sich über das Rauchverbot im Altersheim aufregt – alles sehr unterhaltsam. Und das Theater hatte netterweise mit dem Beginn der Vorstellung auf den Theaterbus gewartet.

Für die nächste Station nahmen wir dann die Bahn in die Stadt – wir wollten um 22 Uhr ins Varieté-Theater. Und das war mein Highlight des Abends. Balanceakts in Vollendung. Vor allem das Paar hatte es mir angetan, bei dem mal er, mal sie den „Ausleger“ spielte – und auch mal beide  – eine unglaubliche Leistung. Flotte Rhythmen gab es bei einer brasilianischen Menschenpyramidentruppe, eine spanische Tuchbalanciererin war auch wirklich nett anzusehen. Der Diabolo-Künster allerdings wurde locker von dem Künstler in dem Jugendzirkus in den Schatten gestellt, den ich in einem früheren Jahr sah.

Zu guter letzt zog ich dann noch mit nur noch einem der Freunde weiter zu einer Gesangsdarbietung ins Künstlerhaus. Einige Cover, eine sehr liebevolle Hommage an Hannover (mit einem ironischen Ende) – und eine Zugabe, die gerade in den Mai jetzt passt: Alarm auf dem Maikäferlandeplatz – Die dicke Berta kommt.

Es hat alles erstaunlich gut funktioniert, knapp war es zwar manchmal, aber nichts war zu knapp, überall, wo wir reinwollten, kamen wir rein (wenn auch einmal nicht zum Stück unserer Wahl), unsere Wegeplanung (also die des Freundes, der sich die Mühe gemacht hat, die Transportmöglichkeiten durchzuprüfen) funktionierte und Spaß hatten wir auch.

Ich habe gar nicht so vermisst, dass das TAK dieses Jahr nicht dabei war – und auch die Oper keine Late-Night-Musikdarbietung mit Swing mehr brachte – Highlights, die ich sonst jedes Jahr geschätzt habe.

Auch dass das Theater am Aegi nicht mitgemacht hat, war nun kein Beinbruch. Im Gegenteil, so wurde man geradezu dazu gedrängt, die Bühnenvielfalt auch wirklich auszunutzen. Und das war nicht zu meinem Schaden!

Nächstes Großevent: Vermutlich Himmelfahrt das Freiluftkonzert vor dem Rathaus – wenn das Wetter mitspielt.